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«Teilzeitarbeit lohnt sich auch aus betriebswirtschaftlicher Sicht!»

Veröffentlicht am 09.09.2014
«Teilzeitarbeit lohnt sich auch aus betriebswirtschaftlicher Sicht!»
Männer, die Teilzeit arbeiten, gelten nach wie vor als Exoten. Dank dem Projekt «Der Teilzeitmann» soll sich dies künftig ändern. Das Ziel: Bis 2020 sollen 20 Prozent aller Männer in der Schweiz Teilzeit arbeiten. Das lohne sich auch für die Unternehmen, betont Projektleiter Jürg Wiler.

Interview: Daniel Schriber
Jürg Wiler, arbeiten Sie Teilzeit?
Wiler: Ja, ich arbeite in einem 80-Prozent-Pensum für das Projekt «Der Teilzeitmann». Von insgesamt 33 Berufsjahren habe ich während 23 Jahren Teilzeit gearbeitet; die Pensen variierten dabei zwischen 40 und 80 Prozent. Teilzeit zu arbeiten war eine meiner besten Entscheidungen überhaupt. 
 
Weshalb?
Wiler: Wer den Schritt wagt, dem winken ein selbstbestimmtes Leben und eine höhere Lebensqualität. Das war auch bei mir so. Ich kann mir im Moment nicht vorstellen, je wieder Vollzeit zu arbeiten.
 
Können Sie etwas konkreter werden?
Wiler: Während neun Jahren haben meine Partnerin und ich uns die Erziehung unserer Kinder geteilt. Ich durfte aktiv miterleben, wie sich der «Zellhaufen Kind» zum denkenden, redenden und gehenden Menschen entwickelt hat. Diese Erfahrungen möchte ich nicht missen. Darüber hinaus habe ich die freie Zeit genutzt, um eine Weiterbildung zu absolvieren – und ich habe meinen Vater in den Wochen und Monaten vor seinem Tod begleitet. Das Leben als Teilzeitangestellter wird nicht einfacher, aber reicher, vielseitiger, ganzheitlicher.
 
Böse Zungen behaupten, Teilzeitmänner seien einfach zu faul, um 100 Prozent zu arbeiten.
Wiler: Wer sich für ein Teilzeitpensum entscheidet, muss mit solchen Bemerkungen rechnen. In Tat und Wahrheit ist aber das Gegenteil der Fall: Teilzeitarbeit lohnt sich auch aus betriebswirtschaftlicher Sicht!
 
Das müssen Sie uns erklären.
Wiler: Studien zeigen, dass Teilzeitangestellte motivierter und effizienter sind als Vollzeitangestellte. Teilzeitmitarbeitende fehlen weniger häufig aufgrund Krankheit oder Unfall, arbeiten produktiver und sind loyaler gegenüber ihrem Arbeitgeber. Dies, weil sie sich wertgeschätzt fühlen. Ausserdem kann die Distanz zum Arbeitsplatz weitere, weniger gut messbare Vorteile haben. Oft hat man die besten Ideen nicht im Büro, sondern zuhause oder unterwegs.
 
Trotzdem: Bringt das Berufsmodell auch Nachteile mit sich?
Wiler: Je mehr Teilzeitangestellte in einem Unternehmen, desto mehr Mitarbeitende. Das bedeutet für den Arbeitgeber, dass er mehr Sozialabgaben leisten muss. Ausserdem ist der Koordinationsaufwand grösser. Unter dem Strich lohnt sich Teilzeitarbeit aber nicht nur für die Mitarbeitenden, sondern auch für die Unternehmen.
 
Wie viele Männer arbeiten heute Teilzeit?
Wiler: Gemäss dem Bundesamt für Statistik arbeiten 16,5 Prozent oder etwas mehr als 400'000 Männer Teilzeit – und die Zahl steigt stetig. Unser Ziel lautet: 20 Prozent Teilzeitmänner bis 2020.
 
Wie wollen Sie dieses Ziel erreichen?
Wiler: Indem wir die Männer mit Rat und Tat zur Teilzeitarbeit ermutigen. Wir sind auf gutem Weg. Fakt ist: Neun von zehn Männern in der Schweiz wollen Teilzeit arbeiten, aber nur einer von sieben tut es.
 
Warum sollten künftig noch mehr Unternehmen Teilzeitstellen für Männer anbieten?
Wiler: Die demografische Entwicklung zeigt, dass immer weniger junge Menschen auf den Arbeitsmarkt kommen. Bereits besteht ein Fachkräftemangel. Bieten Unternehmen Teilzeitmodelle an, bereiten sie sich proaktiv auf die Zukunft vor. In verschiedenen Branchen ist Teilzeit schlicht unerlässlich, um überhaupt gute Mitarbeitende zu finden. Damit erhöht sich die Attraktivität des Unternehmens auf dem Arbeitsmarkt.
 
Am Donnerstagabend stellen Sie das Projekt «Der Teilzeitmann» im Neubad Luzern vor. Was dürfen die Besucher von dem Anlass erwarten?
Wiler: Wir informieren die Besucher über das Thema Teilzeitarbeit und zeigen anhand konkreter Beispiele, welchen Gewinn dieses Arbeitsmodell bringt und auf welche Stolpersteine man acht geben sollte. Ausserdem bietet der Anlass den Gästen eine ideale Gelegenheit, um sich mit verschiedenen Teilzeitmännern aus unterschiedlichen Branchen auszutauschen.
 
HINWEIS:
Am Donnerstag, 11. September, findet im Neubad Luzern eine Veranstaltung zum Thema «Der Teilzeitmann» statt. Unter den Referenten befinden sich mehrere Teilzeitmänner aus der Region – darunter auch Felix Howald, Direktor der Industrie- und Handlelskammer Zentralschweiz.
 
Die Veranstaltung wird im Rahmen des Projekts «Familienfreundliche Unternehmen im Kanton Luzern» von der Dienststelle Soziales und Gesellschaft des Kantons Luzern unterstützt. Eintritt, bis 20 Uhr: 15 CHF (inkl. einem Getränk). – ab 20 Uhr Teilzeitmann-Dinner: zusätzlich 45 CHF (exklusiv Getränke) .

 
Weitere Infos und Anmeldung:
www.teilzeitkarriere.ch/afterwork-2014-luzern
www.disg.lu.ch/familienfreundlichkeit