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Chronischer Stress und seine Folgen

Veröffentlicht am 27.05.2014
Chronischer Stress und seine Folgen
Stress ist in der modernen Leistungsgesellschaft allgegenwärtig. Dabei hat Stress durchaus seinen Nutzen. Gefährlich wird es, wenn Stress dauerhaft ist. Prof. Dr. med. Katja Cattapan erläutert, welche Folgeerkrankungen chronischer Stress mit sich bringen kann.
Stress ist in unserer Leistungsgesellschaft allgegenwärtig. Wie macht sich Stress bemerkbar?
Prof. Dr. med. Katja Cattapan: Stress ist eine natürliche Reaktion. Das war aus evolutionärer Sicht sehr bedeutend für das Überleben – und ist es auch heute noch, etwa bei Reaktionen im Strassenverkehr. Wenn wir jedoch heute von Stress reden, denken wir meist an chronischen Stress im Leistungskontext. Das Gefährliche daran ist, dass dieser häufig dauerhaft ist. Der Mensch kann gut mit akuten Stressereignissen umgehen. Wenn Stress jedoch nicht abgebaut wird, läuft der Mensch gewissermassen dauerhaft „auf Hochtouren“. Es tritt keine Regeneration ein. Die Folge ist eine völlige körperliche und geistige Erschöpfung – der Mensch wird krank. 
 
Ist Stress vor allem ein Phänomen unserer Leistungsgesellschaft?
Was den einen belastet, kann für den anderen ganz unbedenklich sein. Denken Sie etwa an die unterschiedliche Lärmempfindlichkeit von Personen. Die individuellen Unterschiede sind sehr gross und hängen von genetischen Faktoren, Lernerfahrungen, Traumatisierungen und dem körperlichen Zustand ab. Immer mehr Menschen leiden heute insbesondere am Arbeitsplatz unter Stress und Zeitdruck. Das Thema hat daher eine zunehmende gesellschaftliche Relevanz.   
 
Was kann man tun, um sich präventiv vor Stress zu schützen?
Es ist wichtig die Wahrnehmung zu schärfen um Stressoren zu erkennen und darauf zu reagieren. Für viele Menschen ist es entlastend, sich von perfektionistischen Vorstellungen zu lösen: Man muss nicht immer alles perfekt machen und auch nicht rund um die Uhr erreichbar sein. Präventive Massnahmen sind zudem Entspannungsverfahren wie Yoga oder Muskelrelaxation sowie regelmässige körperliche Betätigung wie Laufen, Fahrradfahren oder Schwimmen.
 
Welche Folgeerkrankungen kann übermässiger Stress nach sich ziehen?
Die Liste an Stressfolgeerkrankungen ist riesig. Burnout als Zustand geistiger und körperlicher Erschöpfung  ist eine solche Folge, ebenso wie nicht-organische Schlafstörungen. Viele Schmerzerkrankungen wie etwa Spannungskopfschmerzen und Migräne sind ebenfalls stressassoziiert. Zudem kann chronischer Stress zu Herzrhythmusstörungen, Bluthochdruck, Tinnitus, Verminderung der Immunabwehr, erhöhten Blutzucker- und Blutfettwerten, Hauterkrankungen und vielem mehr führen.
 
Ab wann sollten „die Alarmglocken läuten“?
Wenn die normalen Entspannungsphasen wie Feierabend, Wochenende und Ferien nicht reichen, um zu regenerieren, sollte man sich Gedanken über die eigene körperliche und psychische Balance machen. Auch wenn man sehr viel Energie benötigt, um den Arbeitsalltag zu bewältigen, oder andere Aktivitäten wie Hobbys oder soziale Kontakte vernachlässigt, sollten „die Alarmglocken läuten“. Manchmal zeigen sich die Auswirkungen von chronischer Überlastung auch in gehäuften Infekten oder bei Schlafstörungen. Wenn solche Symptome über längere Zeit auftreten, sollte man professionelle Hilfe suchen. 
 
 
Zur Person
Prof. Dr. med. Katja Cattapan ist stellvertretende Ärztliche Direktorin und Chefärztin der Privatstationen am Sanatorium Kilchberg. Sie ist auf die Behandlung von Depressionen und Burnout spezialisiert. Neben ihrer klinischen Tätigkeit ist sie im Bereich Lehre und Forschung an der Universität Bern aktiv.
 
Interview PD