Traumberuf in Hotellerie und Tourismus
Veröffentlicht am 23.01.2014
Peter Rüegger (54) weiss, wovon er spricht, wenn es um Weiterbildungen in den Bereichen Tourismus und Hotellerie geht.
Peter Rüegger, Sie waren während 20 Jahren Leiter Marketing und Verkauf der Schifffahrtsgesellschaft des Vierwaldstättersees (SGV), seit fünf Jahren nun in verschiedenen Funktionen in der höheren Berufsbildung tätig. Dies sind komplett unterschiedliche Branchen.
Peter Rüegger: Beide Branchen haben sehr viel mit Freizeitvergnügen zu tun (lacht). Nein, ganz ernsthaft: Beides sind Dienstleistungsbranchen, und meine Arbeit beim Aufbau einer nationalen Schulgruppe und jetzt als Leiter der Marketingakademie an der KV Luzern Berufsakademie hat viel mit Marketing und Verkauf zu tun. Ich bildete bei den SBB schon vor 30 Jahren Lernende aus und gab immer mal wieder Gastreferate an der Hotelfachschule und der Tourismusfachschule Luzern.
Luzern ist also eine Hochburg für Weiterbildungen in Hotellerie und Tourismus?
Rüegger: Ja, definitiv. Die Schweizerische Hotelfachschule Luzern (SHL) ist eine nationale Institution, die – wie wir an der KV Luzern Berufsakademie – sehr praxisorientiert unterrichtet. Gleiches lässt sich von der Höheren Fachschule für Tourismus (HFT) Luzern sagen. Und jetzt mischen auch wir vom KV Luzern mit.
Sie bauen eine Konkurrenz zur SHL und zur HFT auf?
Rüegger: Nein, unser neuer Lehrgang «Dipl. Tourismus, Hotelund Eventspezialist/in» zielt auf eine ganz andere Stufe, wir bieten einen Einstieg in die spannende Welt von Tourismus und Hotellerie an. Wir sind für die anderen Schulen also eher ein Zubringer.
Aber die KV Luzern Berufsakademie hat doch auch eine höhere Fachschule?
Rüegger: Ja, eine sehr erfolgreiche. Doch unsere Höhere Fachschule für Wirtschaft (HFW) bildet praxiserprobte und talentierte Berufsleute branchenübergreifend zu diplomierten Betriebswirtschaftern HF aus. Ab Herbst dieses Jahres bieten wir zudem eine Höhere Fachschule für Marketing und Kommunikation (HFMK) an. Also eine ganz klare Abgrenzung zu den beiden Hotel- und Tourismus-Fachschulen.
An wen richtet sich der Einsteigerlehrgang?
Rüegger: Auf dieser Diplomstufe haben wir typischerweise junge Berufsleute kurz nach dem KV oder der Detailhandelslehre, aber auch Wiedereinsteiger im reiferen Alter. Dies ist auch der Grund, dass ein Bewerbungs- und Präsentationstraining in den Lehrgang eingebaut ist. Und natürlich sind nebst Marketing und Praxisbesuchen auch die Grundlagen von Tourismus, Hotellerie und Eventorganisation wichtige Schwerpunktthemen.
Wo machen Sie Praxisbesuche?
Rüegger: Wir bereisen die Stadt Luzern. In der Tat öffnen sich in Luzern viele Türen – natürlich auch dank guter Kontakte, die ich noch aus alten SGV-Zeiten pflege. Ein Abend ist beispielsweise der Arbeit von Luzern Tourismus und der Stadtführerinnen gewidmet. Oder wir haben das Schwerpunktthema Kultur, wo wir die Museumsmeile am Löwenplatz besuchen. Aber auch der Shopping-Tourismus und die Arbeit des Fach und Berufsverbandes Luzern Hotels sind wichtige Praxiselemente.
Gelingt den Teilnehmenden dank Ihrem Lehrgang der Einstieg in den Tourismus respektive in die Hotellerie?
Rüegger: Unser Lehrgang ist nicht nur für Quereinsteiger gedacht, sondern auch für Berufsleute, die schon im Tourismus oder in der Hotellerie arbeiten. Wir rechnen mit rund einem Drittel der Teilnehmenden, die den Einstieg schon geschafft haben. Dies hat auch für Neueinsteiger positive Effekte: Sie lernen von den Kollegen und können ihre Berufsbilder schärfen.
Wie schwierig ist der Einstieg in diese «Traumbranchen»?
Rüegger: Für die spannenden Funktionen im Tourismus und in der Hotellerie bewerben sich viele Berufsleute. Da ist das Diplom einer breit gefächerten einjährigen Branchen-Weiterbildung sicherlich von grossem Nutzen. Aber natürlich muss wie immer viel zusammenpassen: die Persönlichkeit, die Sprachkenntnisse, die spürbare Leidenschaft – und Glück.
Und welches sind die persönlichen Voraussetzungen?
Rüegger: Man sollte Menschen mögen und ein dienstleistungsbereites Naturell besitzen. Was es ebenfalls braucht, ist die Bereitschaft, dann zu arbeiten, wenn andere Freizeit oder Ferien geniessen. Und auch eine gewisse Robustheit ist von Vorteil, um saisonale Spitzenzeiten durchzustehen.
Und was sagen Sie zum Lohn in Tourismus und Hotellerie?
Rüegger: Viele Statistiken zeigen, dass der Lohn kein sehr starkes Argument ist, um in diesen Bereichen zu arbeiten. Reich wird man eher an den Aufgaben, an den Kontakten, an der Zufriedenheit der Kunden.
Haben Tourismus und Hotellerie in Luzern und in der Zentralschweiz denn die nötige Akzeptanz?
Rüegger: Ja, ich denke schon. Klar kann die grosse Zahl von Touristen irritieren. Andererseits sind diese Gäste hier, weil wir in einer wundervollen Region leben, die intensiv bereist wird. Und viele dieser Orte leben sehr gut von unseren Gästen; auch in Branchen, die zuliefern und nicht in direktem Gästekontakt sind: so zum Beispiel die Bau und die Lebensmittelbranche.
Wie könnte das Tourismusverständnis gefördert werden?
Rüegger: Ich glaube, dies muss bei jedem Einzelnen beginnen: Ich empfehle, dass Tourismuskritiker sich ein paar wenige Minuten Zeit nehmen und am Löwenplatz oder beim Löwendenkmal den bunten Gruppen zuschauen. So manche Beobachter kämen vielleicht zum Schluss, dass sie sich in fernen Ländern durchaus ähnlich verhalten.
Haben Sie noch eine andere Idee auf Lager?
Rüegger: Wie wäre es mit dem Grundsatz «You first & smile»? Statt mich über die im Weg stehenden Touristen zu ärgern, die auf der Rathausbrücke ihre Begleitung mit dem Wasserturm im Hintergrund fotografieren, sage ich manchmal «you first» und lache Fotograf und Model an. Viele können nicht glauben, dass es auf der Welt eine Stadt mit so zuvorkommenden Menschen gibt (lacht). Und sie werden diese Entdeckung zu Hause bestimmt gerne und häufig weitererzählen.
Zur Person
Peter Rüegger leitet an der KV Luzern Berufsakademie das Kompetenzzentrum für Marketing, Kommunikation und Verkauf. Er unterrichtet an KV Wirtschaftsschulen, arbeitet für die Hotelmarketing Gruppe und entwickelt den neuen Lehrgang «Dipl. Tourismus, Hotel und Eventspezialist/in», welcher im Mai 2014 erstmals startet.
www.kvlu.ch