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Sie pendeln noch mit dem Zug - auch in Zeiten von Corona?

Veröffentlicht am 07.01.2021
Sie pendeln noch mit dem Zug - auch in Zeiten von Corona?
Wer diese Frage bejaht, kann bei seinen Gesprächspartnern zurzeit echtes Entsetzen auslösen. Öffentliche Verkehrsmittel wie Busse und Bahnen haben während der Corona-Epidemie kein gutes Image. Ob zu Recht oder zu Unrecht, die meisten Menschen befürchten eine hohe Ansteckungsgefahr, wenn Sie sich in öffentlichen Verkehrsmitteln der Gesellschaft fremder Menschen ausliefern.
Wer kann, arbeitet im Home Office gleich von Zuhause aus. Damit verringert sich die Zahl der Berufspendler, die öffentliche Verkehrsmittel benutzen, teilweise drastisch. Das eigene Auto rückt wieder in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Wer ein eigenes Auto hat, trifft auf neidische Blicke derjenigen, die bisher von einer Anschaffung abgesehen haben. Auch das Fahrrad als alltägliches Verkehrsmittel erlebt gerade bei jüngeren Menschen eine echte Renaissance. Handelt es sich zurzeit noch um Einzelfälle oder stehen die öffentlichen Verkehrsmittel vielleicht vor der grössten Krise ihrer Existenz?
 
In einer deutschen Umfrage äusserten 37 % der Befragten, dass sie sich während der Corona-Pandemie zunehmend unwohler in öffentlichen Verkehrsmitteln fühlen würden. Wer kann, steigt hier auf das Auto oder Fahrrad um. Viele scheinen insgesamt Verkehrsmitteln vorzuziehen, die von einer oder nur sehr wenigen Personen genutzt werden. Selbst so grundsätzlich lobenswerte Ansätze wie das CarSharing verlieren an Zustimmung, wenn der Mitfahrer potenziell ein Virenträger ist.
 
Was bedeutet das für die Zukunft der öffentlichen Verkehrsmittel? Schon jetzt gelten sie als eine der grossen Verlierer der Pandemie-Krise. Es ist kaum zu erwarten, dass mit einem Ruck nach Beendigung der Krise alle Beteiligten wieder zu ihrem vorhergehenden Verhalten in der Mobilität zurückkehren werden. Im Gegenteil, es wird sich manches auf längere Zeit hin festsetzen. Das hat Folgen. Es kann Auswirkungen auf die Diskussion rund um die Klimakrise haben. Die Finanzierung der öffentlichen Verkehrsmittel kann auf längere Zeit auf Unterstützungsleistungen angewiesen sein. Das wird die Allgemeinheit belasten. Wer sich jetzt ein Auto kauft, um in der Corona Krise nicht mehr öffentliche Verkehrsmittel benutzen zu müssen, wird auch nach der Krise weiterhin damit fahren. Arbeitnehmer und Arbeitgeber, die die Vorzüge von Home Office Lösungen erkannt haben, kehren nicht ad hoc zu den früheren Arbeitsmodellen zurück.
 
Gibt es Möglichkeiten, von politischer Seite her auf die Veränderung des Mobilitätsverhaltens einzuwirken? Solange die Corona-Krise andauert, lassen sich schwerlich Argumente dafür finden, verstärkt öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen. Es gibt dafür auch zu wenig belastbare Daten, die es ermöglichen würden, das Infektionsrisiko in Zügen und Bussen objektiv einzuschätzen. Niemand kann es mit seinem Gewissen vereinbaren, die Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel zu empfehlen, wenn möglicherweise doch ein erhöhtes Risiko einer Ansteckung besteht.
Es ist auch möglich, dass sich unser gesamtes Mobilitätsverhalten durch die Erfahrungen während der Pandemie-Zeit verändert. Möglicherweise geht die Entwicklung hier auch in zu weniger Mobilität. Vielleicht heisst die Frage, die wir an den Anfang des Beitrages gestellt haben, in einigen Jahren so: Pendeln Sie etwa überhaupt noch? Was eine solche Entwicklung mit unserer Gesellschaft insgesamt machen könnte, ist zurzeit überhaupt nicht einzuschätzen.