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Stress: Schädlich für Menschen, teuer für Unternehmen

Veröffentlicht am 17.12.2020
Stress: Schädlich für Menschen, teuer für Unternehmen
Dass anhaltender arbeitsbedingter Stress der Gesundheit schadet, ist kein Geheimnis mehr. Jedoch sind auch gravierende Einbussen für die Wirtschaft zu verzeichnen. Doch es gibt Massnahmen, mit denen Arbeitgeber gegensteuern können.
Eustress und Distress
Wie sich Stress im Einzelnen auswirkt und welche Ursache er hat, ist bei jedem Menschen unterschiedlich. Denn äussere Einflüsse oder innere Reize werden stets unterschiedlich empfunden. Während wir von positivem Stress (Eustress) mitunter einen zusätzlichen Ansporn zu höherer Leistung erfahren, sieht das beim negativen Stress (Distress) ganz anders aus. Handelt es sich lediglich um eine vorübergehende Situation, hat auch Distress kaum negative Folgen. Gefährlich wird es aber, wenn der Zustand anhält. Aufgrund von vermehrter Kortisol-Ausschüttung können dadurch nämlich Depressionen und andere schwere Krankheiten begünstigt werden. Auch die Konzentrations- und Leistungsfähigkeit leidet unmittelbar darunter.
 
Was ist der Job-Stress-Index?
Die Schweizer Stiftung für Gesundheitsförderung sieht das Problem wachsender Belastung bei Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern kritisch und führt seit einigen Jahren regelmässige Umfragen durch. Auf deren Grundlage erstellt sie seit 2014 den Job-Stress-Index, der die steigende Arbeitsbelastung auf einer Skala von 0 bis 100 abbildet. Damit folgt die Institution ihrem gesetzlichen Auftrag: gesundheitliche Gefahren zu eruieren und entsprechende Gegenmassnahmen auszuarbeiten - auch im wirtschaftlichen Bereich. Subjektiv empfundene Belastungsfaktoren werden zur Ermittlung des Index den als Ressourcen bezeichneten positiven Faktoren gegenübergestellt. Für das Jahr 2020 wurde ein durchschnittlicher Wert von beinahe 51 ermittelt. Bei jungen Mitarbeitenden zwischen 16 und 24 wurde der Höchstwert von 52,18 erreicht, während Führungspersönlichkeiten aufgrund ihrer Ressourcen deutlich besser abschneiden.
 
Stress als Kostenfaktor
Die gesundheitlichen Konsequenzen für Angestellte sind nicht nur für die Betroffenen selbst dramatisch. In vielen Unternehmen unterliegt man noch dem Irrglaube, dass ein höherer Leistungsdruck automatisch auch zu einer gesteigerten Produktivität unter den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern führen würde. Tatsächlich sind die Folgen eines hohen Job-Stress-Index ein inzwischen erheblicher Kostenfaktor für die einzelnen Unternehmen und die Wirtschaft insgesamt. Die Schätzungen dazu schwanken derzeit noch recht stark: Allein im Jahr 2020 soll sich die finanzielle Belastung wegen gestressten Angestellten auf 5,3 bis 9,9 Mrd. Franken belaufen. Ein Grund dafür sind die hohen Fehlzeiten, die sich durch stressbedingte Erkrankungen ansammeln. Etwas schwieriger als der Absentismus ist aber der Schaden bei Präsentismus zu ermitteln. Denn auch dann, wenn überlastete Angestellte ihrer Arbeit nachgehen, entstehen den Unternehmen handfeste Verluste. Das liegt darin begründet, dass unter hohem Stress die Motivation sinkt, die Leistungsfähigkeit abnimmt und die Konzentration leidet. Wer ausgeglichen und zufrieden ist, arbeitet unterm Strich schneller und genauer.
 
Welche Faktoren sind entscheidend?
Für die Ermittlung des Job-Stress-Index zieht die Stiftung Gesundheitsförderung die wichtigsten Ressourcen und die Belastungen zusammen, die das Berufsleben mit sich bringt. Im Einzelnen sind das:
 
1. Ressourcen
  • Allgemeine Anerkennung: Wie wird die Wertschätzung der Angestellten und ihrer Arbeit empfunden?
  • Autonomes Arbeiten: Wird den Mitarbeitenden genügend Handlungsspielraum gelassen?
  • Ganzheitlichkeit: Wie viel Sinn stiftet die jeweilige Tätigkeit und ist dieser nachvollziehbar?
  • Unterstützung vom Chef: Funktioniert die Kommunikation am Arbeitsplatz? Erhalten die Befragten Lob für ihre Arbeit? Gibt es regelmässig Feedback und konstruktive Vorschläge?
2. Belastungen
  • Qualifikation: Ist der Mitarbeiter ausreichend für seine Aufgaben qualifiziert? Fühlt man sich überqualifiziert?
  • Zeitdruck: Steht genug Zeit für die zu erledigenden Arbeiten zur Verfügung?
  • Schwierigkeiten bei der Organisation: Haben die Vorgesetzten die notwendigen Fähigkeiten zur Arbeitsorganisation?
  • Ungewissheit: Wie gut werden die Aufgaben erklärt und definiert?
Massnahmen für einen niedrigen Job-Stress-Index
Da die stressbedingte Belastung einen steigenden Trend aufweist, sollten alle Massnahmen ergriffen werden, die dem entgegen wirken. Diese obliegen insbesondere den Firmen selbst, die wiederum von einer höheren Leistung ihrer Mitarbeitenden profitieren. Der Aufwand dafür ist in der Regel sehr gering und kann durch strukturelle Neuerungen erreicht werden. Führungspersonen sollten entsprechende Kompetenzen idealerweise bereits mitbringen. Ansonsten können spezielle Schulungen durchgeführt werden. Denn eine klare und respektvolle Kommunikation mit den Angestellten kann bereits viel verändern. Auch führen abwechselungsreichere Tätigkeitsfelder, ein gutes, kollegiales Klima und das Wertschätzen jedes einzelnen Angestellten zu einer höheren Motivation. Je besser diese Ressourcen umgesetzt werden, desto weniger anfällig sind Menschen für eine hohe Arbeitsbelastung.
 
Eine neue Situation durch Corona
Ob und inwieweit sich die derzeitige Pandemie auf den Job-Stress-Index auswirkt, ist bislang noch nicht abzusehen. Denn die letzte Befragung durch die Stiftung Gesundheitsförderung wurde zwischen dem 03.02. und dem 03.03.2020 durchgeführt - kurz vor dem ersten Lockdown also. Dass sich die Situation für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Home Office aber geändert hat, ist sicher. Genaueres wird die kommende Studie offenbaren.