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Junge Menschen auf dem Abstellgleis

Veröffentlicht am 18.06.2014
Junge Menschen auf dem Abstellgleis
Zu viele Jugendliche finden in der heutigen Zeit keine Arbeit. Dies ist oft nicht die alleinige Schuld der Betroffenen.
Silas Mathis (20 Jahre) ist ein junger Mann aus der Zentralschweiz. Nach der Schulzeit hat er zwischenzeitlich eine Lehrstelle als Schreiner gefunden, diese jedoch aufgrund von Überforderung und Unreife abgebrochen. Aufgrund seiner Leistungsschwäche wurde er durch die kantonale IV-Stelle als teilinvalid eingestuft. Seit rund zwei Jahren sucht er eine geeignete Arbeit, um seinen eigenen Weg im Leben gehen zu können. Über die IV-Stelle des Kantons Obwalden kam Silas zur O. Dormann AG, um ein Arbeitsintegrationspraktikum zu absolvieren.
 
Keine Zukunftsperspektiven zu haben ist besonders für junge Menschen, die sich in ihrer Persönlichkeit noch entwickeln müssen, katastrophal. Das Gefühl des Überflüssigseins belastet auch die Eltern und Erziehungsberechtigten emotional stark. Menschen, die längerfristig keine Arbeit haben, können nicht nur in finanzielle Schwierigkeiten geraten. Sie verlieren meist den sozialen Kontakt, haben keine Struktur im Tagesablauf und erhalten keine Wertschätzung.  Die meisten langzeitarbeitslosen Menschen vermissen aber auch das wertvollste an der Arbeit – einen sinnvollen Nutzen für das Wohl anderer zu leisten.
 
Arbeitstätige haben eine klare Tagesstruktur
Wer arbeitet, ist integriert und vernetzt, hat soziale Kontakte und kann sich mit anderen Menschen austauschen. Arbeitstätige haben einen klar strukturierten Alltag und können sich täglich neuen Herausforderungen stellen, sich an kleinen oder grösseren Erfolgen freuen oder sich über Kleinigkeiten ärgern. Eine sinnvolle Tätigkeit wirkt motivierend fürs Leben und ermöglicht, dank des Einkommens, am Leben teilzunehmen.
 
"Zu aufwändig und nervenaufreibend erschien uns diese Aufgabe"
                                                               O. Dormann AG Luzern
 
Die Metzgerei O. Dormann AG Luzern macht heute, was sie vor fünf Jahren noch nicht für möglich gehalten hat. Sie beschäftigt regelmässig arbeitslose Jugendliche, engagiert sich für die Wiedereingliederung von Menschen, die Renten von der Invalidenversicherung beziehen oder bietet Praktikumsstellen für Schüler von Time-Out-Klassen an. Die O. Dormann AG Luzern fühlte sich früher überfordert, solche Leute zu beschäftigen. Zu aufwändig und nervenaufreibend erschien ihr diese Aufgabe. Mit Freude hat man aber festgestellt, dass die meisten Arbeitslosen einen enormen Willen haben, einer sinnvollen Tätigkeit nachzugehen. Häufig leiden junge Schulabgänger aber an Lernschwierigkeiten und Schulverdruss. Da braucht es meist für eine kurze Zeit eine Distanz zum Schulbetrieb, damit die Jugendlichen auf andere Gedanken kommen. Praktisches Arbeiten ist ein gutes Rezept gegen solche Blockaden. Aber auch sprachliche Barrieren sind oft Gründe, dass junge Menschen keine Lehrstelle finden. Natürlich fehlt den Langzeitarbeitslosen oder Schulabgängern die Berufserfahrung.
 
In jeder Firma gibt es bestimmte Routinearbeiten, die durch Praktikanten, Schüler, Jugendliche und wieder zu integrierende Erwachsene erledigt werden können. Eine gute Organisation, Zeitplanung und Schulung der bestehenden Mitarbeitenden ermöglicht es, Unerfahrene in den Arbeitsprozess zu integrieren. Am Beispiel von Silas zeigt sich, dass es durchaus Schwankungen in der Arbeitsleistung und Motivation geben kann. Da Sozialversicherungen und Organisationen, die sich für die Arbeitsintegration von Arbeitslosen einsetzen, an einer nachhaltigen Lösung interessiert sind, begleiten sie die Integrationswilligen und den Arbeitgeber während dem Praktikum intensiv.
 
Die Politik wie die Gesellschaft hat ein hohes Interesse, dass Arbeitsintegrationsmassnahmen gefördert werden, damit die Versicherungen oder die Sozialhilfe entlastet werden. Dazu braucht es aber die Bereitschaft der Wirtschaft, neue Lösungen und Ideen zu schaffen, die Arbeitsplätze und somit Perspektiven für betroffene Personen anbieten. Diese kostenneutralen Modelle ermöglichen es, die öffentliche Hand nicht noch mehr zu belasten.
 
KMU können helfen

Junge Menschen, die sich noch nie auf dem Arbeitsmarkt bestätigen konnten, haben oft keinen Erfolg bei Bewerbungen. Ihnen fehlen schlichtweg die Empfehlungen von früheren Arbeitgebern oder die notwendige Referenz von guten Schulleistungen. Und genau hier können KMU helfen, indem sie junge Menschen für eine gewisse Zeit beschäftigen, praktisch arbeiten lassen und so die nötigen und relevanten Referenzen an Lehrbetriebe oder andere Arbeitgeber abgeben. Ein Informationsaustausch zwischen Arbeitgebern kann das Sprungbrett für eine erfolgreiche Berufslaufbahn sein. Der Mut der Firmen, solche Jungen Menschen zu beschäftigen, wird schnell belohnt in dem eine zusätzlich Arbeitskraft für einfache und Routinearbeiten zur Verfügung steht. Dem gegenüber ist das Risiko, das die Firmen mit der Beschäftigung der jungen Menschen eingehen, als sehr gering.
Arbeitstätigkeit verhindert eine weitere Desintegration, gibt den Menschen Sicherheit und vermittelt ihnen das Gefühl, wieder gebraucht zu werden. Sie erlangen eine höhere Leistungsfähigkeit. Eine geglückte Arbeitsintegration ist eine Win-Win-Win-Situation für Arbeitnehmer, Arbeitgeber, Sozialversicherungen und Staat. Sozialhilfeausgaben sowie die Gesundheitskosten werden reduziert und das Bruttoinlandprodukt wird erhöht – dank dem Erwerbseinkommen der Arbeitstätigen.
 
Excellente Unternehmen engagieren sich für die Gesellschaft

Es liegt an KMU, möglichst vielen, oft von der Gesellschaft ausgegliederten Jugendlichen und Langzeitarbeitslosen, Arbeitsstellen anzubieten. Nur Mut! Es ist einfacher als vermutet. Und es macht Spass und Freude, Menschen zu unterstützen. Die Dankbarkeit von Silas ist Bestätigung genug. Er hat sich gefangen und hat Perspektiven. Die O. Dormann AG begleitet ihn auf dem Weg zur Selbstfindung und ist überzeugt, dass er seinen Weg machen wird und seinen Berufswunsch verwirklichen kann. Der Wille ist, wie beim grössten Teil der Langzeitarbeitslosen, vorhanden. Das Selbstvertrauen aber fehlt noch. Exzellente Unternehmen engagieren sich für die Gesellschaft und helfen mit, die Wirtschaft sozial verträglich zu machen. Sie bieten Arbeitswilligen die Möglichkeit, Zukunftsperspektiven zu haben und am Leben teilnehmen zu können. Zum Wohle der ganzen Gesellschaft.
 
Pius Suter, Absolvent MAS BEX HSLU