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Erfolgreiche Gehaltsverhandlungen

Veröffentlicht am 25.03.2016
Erfolgreiche Gehaltsverhandlungen
Wer sein Gehalt erfolgreich verhandeln möchte, sollte laut Organisationsberaterin
und Coach Sandrina Meldau von Performance Intelligent sehr gut vorbereitet sein.
Im Gespräch verrät sie wertvolle Tipps.
Stehen Gehaltsverhandlungen an, ist wohl keiner gelassen. Warum ist es so schwierig, über das Gehalt zu sprechen?

Sandrina Meldau: Gehaltsverhandlungen sind eine Gratwanderung. Zum einen haben Personen, die zu mir in ein Coaching zum Thema Gehaltsverhandlungen kommen, Angst, die Stellung beim Vorgesetzten zu gefährden. Zum anderen wollen sie sich auch nicht unter Wert verkaufen.

Hat dabei auch die Schweizer Kultur einen Einfluss?

Meldau: Sicher, Gehaltsverhandlungen sind heikel. Der Grundsatz «Über Geld spricht man nicht» ist immer noch in den Köpfen vieler verankert. Während in New York, London, Berlin ein forscheres Auftreten gut ankommt, sind in der Schweiz Zurückhaltung und gute Vorbereitung gefragt. Ich versuche meinen Klienten klarzumachen, dass der Mitarbeiter kein Bittsteller ist, sondern eine wertvolle Gegenleistung anzubieten hat.

Wie sollte man sich auf das Gespräch vorbereiten?

Meldau: Es gibt einige erprobte Strategien und Methoden, die einen dabei unterstützen, Gehaltsverhandlungen erfolgreich abzuschliessen. Ausgangspunkt ist eine realistische Einschätzung der eigenen Leistung. Mitarbeitende sollten im Vorfeld den Marktwert für ihre Dienste in einem aktuellen Lohnrechner prüfen oder bei einem Personalberater  nachfragen. Sie bekommen so einen Eindruck vom Durchschnittslohn für Ihren Beruf – und für Ihre Region.

Was steht noch an?

Meldau: Dann geht es um eine schlüssige Argumentationskette. Die meisten Führungskräfte schätzen Fakten. Aus diesem Grund ist es ein Muss, seine Argumente nicht nur für sich, sondern auch für den Vorgesetzten schriftlich vorzubereiten – und zwar übersichtlich in einige Punkte gegliedert. Es bietet sich an, die Argumentationskette folgendermassen aufzubauen: Man soll den aktuellen Bruttolohn aufschreiben und eine Liste an Aufgaben zusammenstellen, die man gemäss  Arbeitsvertrag und Stellenbeschreibung erfüllt. Es empfiehlt sich auch, die zusätzlich
übernommenen Aufgaben und – ganz wichtig – deren Nutzen zu präsentieren. Hier geht es darum, einen Katalog von Aufgaben zusammenzustellen, den der Mitarbeitende übernommen hat, obwohl diese Tätigkeiten nicht verschriftlicht sind. Darüber hinaus können auch Zusatzqualifikationen notiert werden, die im Rahmen von Weiterbildungen erworben wurden. Wichtig ist hierbei, nicht nur die Tätigkeit zu nennen, sondern in einer Spalte dahinter kurz zu beschreiben, welchen Nutzen das Team, die Abteilung oder das Unternehmen aus dieser Tätigkeit zieht. Es sollten vor allem  besondere und herausragende Leistungen aufgeführt werden wie erfolgreich abgeschlossene Projekte, Kosten und Zeitersparnisse.

Gibt es Punkte, die für die Argumentation ungeeignet sind?

Meldau: Auf keinen Fall sollte man in einem Gespräch mehr Geld verlangen, weil man den Kauf eines Hauses oder andere private Investitionen plant, weil man ein anderes Familienmitglied unterstützen muss oder weil man eine lange Unternehmenszugehörigkeit vorzuweisen hat. Solche und ähnliche Argumente sind für die Verhandlung tabu. Argumentationsbasis ist immer die eigene Leistung!

Wann ist der beste Zeitpunkt für eine Gehaltsverhandlung?

Meldau: Bei der Wahl des Zeitpunkts ist viel Fingerspitzengefühl gefragt. Jobbewerber sollten erst im zweiten oder einem nachfolgenden Gespräch die Höhe des Salärs ansprechen. Bei bereits angestellten Mitarbeitern ist es eine grössere Herausforderung, den richtigen Zeitpunkt zu finden.
Ein guter Anknüpfungspunkt für eine Gehaltsverhandlung ist ein gut verlaufenes Mitarbeitergespräch. Für die Zeitpunktwahl sollte darauf geachtet werden, dass man einen
ruhigeren Zeitraum wählt und dass genügend Zeit für das Anliegen eingeräumt wird. Es ist nicht hilfreich, wenn der Vorgesetzte gestresst aus einer Sitzung kommt und nach dem besagten Meeting einen weiteren wichtigen Termin wahrnimmt. Ungeeignet sind Zeiten, in denen Krisengespräche geführt, Halbjahres- und Abschlussberichte für das Unternehmen vorbereitet werden oder ein Projekt gestartet wird. Hier kann eine Assistentin des Vorgesetzten eine wertvolle «Verbündete» sein. Sie kennt die Termine des Chefs meist besser als die Mitarbeitenden.

Wie geht man im Gespräch dann am besten vor?

Meldau: Gehaltsverhandlungen haben Ähnlichkeiten mit Poker. Ist der Tag des vereinbarten Gehaltsgesprächs gekommen, gilt es, die Argumente im Kopf zu haben. Neben der fundierten Vorbereitung beeinflusst eine angenehme Gesprächsatmosphäre den Ausgang des Gesprächs. Der Mitarbeitende kann seinen Teil dazu beitragen durch eine offene Körperhaltung, ein Lächeln und einen kurzen Small Talk. Dann gilt es, zum eigentlichen Thema überzuleiten. Es bietet sich an, dem Vorgesetzten ein Exemplar der ausgearbeiteten Argumentationskette zu geben. Dabei kann das eigene Exemplar durchaus ausführlicher sein. Man darf auch darum bitten, die Punkte bis zum Ende vortragen zu dürfen. Man kann anhand der vorbereiteten Argumentationskette vorgehen. Das vermittelt Klarheit und Entschiedenheit. Man sollte jedoch nicht alle Argumente sofort darlegen. Es ist sinnvoll, noch ein Ass im Ärmel zu haben. Man sollte darauf verzichten, vorzeitig eine Summe zu nennen. Vielleicht ist der Vorgesetzte grosszügiger, als man denkt. Danach darf man fragen, wie der Vorgesetzte das Anliegen sieht. Erhält man Zustimmung, bedankt man sich und geht, ohne den Erfolg zu zerreden.

Was ist bei Einwänden?

Meldau: Wichtig ist es, ruhig, höflich und sachlich zu bleiben. Man sollte den Vorgesetzten ausreden lassen und aufmerksam zuhören. Am besten fasst man das Gehörte zusammen, um Missverständnissen vorzubeugen. Man darf auch nachfragen, ob man aus Sicht des Vorgesetzten prinzipiell eine Gehaltserhöhung verdient und welche Informationen der Vorgesetzte zusätzlich benötigt. Es gilt auch auszuloten, ob es andere Vergünstigungen gibt wie zum Beispiel einen Weiterbildungsbesuch, einen Firmenwagen, flexiblere Arbeitszeiten, über die der Vorgesetzte sprechen kann. Man darf fragen, welche Leistungen erwartet werden, damit man die Anforderungen für eine Gehaltserhöhung erfüllt. Das Gespräch kann dann genutzt werden, um messbare Ziele zu vereinbaren, die zu einem späteren Zeitpunkt nochmals überprüft werden können. Dies bietet die Gelegenheit, das Thema nochmals anzusprechen. Üblicherweise liegt jedoch zwischen solchen Gesprächen mindestens ein Jahr.

 
Interview ade/PD